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764/IX. - Audiovisuelle Aufzeichnung und Bereitstellung von Rats- und Ausschusssitzungen


- Antrag des Kreisverbandes Kleve der Piratenpartei Deutschlands vom 17.03.2013

Vorlagennummer764/IX.
Beratungsartöffentlich
Drucksache und Anlagen:
Beschlussvorschlag:


Der Ausschuss für Bürgeranträge beauftragt die Verwaltung, die audiovisuelle Aufzeichnung und Bereitstellung von Rats- und Ausschusssitzungen bis zum Bezug des neuen Rathauses zu prüfen und diese Prüfung dem Rat vorzulegen.

Sachverhalt:


Mit Schreiben vom 17.03.2013 beantragt der Kreisverband Kleve der Piratenpartei Deutschlands der Rat möge beschließen, dass Ratssitzungen künftig aufgezeichnet und in einem ersten Schritt im Internet für das zeitversetzte Ansehen zur Verfügung gestellt werden. Die Verwaltung solle beauftragt werden, ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten und dieses zur nächsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vorlegen. Der Antrag ist als Anlage beigefügt.


Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) sind die Sitzungen des Rates grundsätzlich öffentlich. Öffentlich ist eine Ratssitzung, wenn jedermann ohne Ansehen seiner Person Zutritt zum Sitzungsraum hat. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit ist nur unter den in § 6 Abs. 2 bis 5 der Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse genannten Voraussetzungen möglich.

Zu Ton- und Bildaufzeichnungen macht die GO NRW selbst keine Ausführungen. Gemäß
§ 24 Abs. 5 der Geschäftsordnung für den Rat- und die Ausschüsse der Stadt Kleve dürfen Tonbandmitschnitte von den Sitzungen des Rates und des Haupt- und Finanzausschusses erfolgen, aber ausschließlich zur Erstellung der Niederschrift genutzt werden.

Die Kommentierung Kommunalverfassungsrecht zur GO NRW führt zu § 51 aus, dass in jüngerer Zeit häufiger die Frage nach der Zulässigkeit von Videoaufzeichnungen von Ratssitzungen und der Veröffentlichung solcher Aufzeichnungen im Internet diskutiert wurde. Es wird auf die LT-Drs. 16/243 vom 17.07.2012 verwiesen, mit der die Landesregierung NRW auf eine kleine Anfrage im nordrhein-westfälischen Landtag zu dieser Thematik geantwortet hat, dass die Live-Übertragung der Sitzungen der Vertretungskörperschaften nur zulässig sei, wenn die Mitglieder der Vertretungskörperschaft der Übertragung zugestimmt hätten. Näheres könne in der Geschäftsordnung geregelt werden. Laut Kommentierung geht die Landesregierung damit offensichtlich davon aus, dass eine einfache Geschäftsordnungsregelung zur Gestattung von Live-Mitschnitten von Ratssitzungen nicht ausreichend ist, sondern dass es dazu der Einwilligung aller Ratsmitglieder bedarf (§ 4 Abs. 1 Datenschutzgesetz NRW).

Die Kommentierung führt weiter aus, dass diese Rechtsauffassung durchaus bezweifelt werden kann, weil alleine die Ausfertigung eines Videomitschnittes einer Ratssitzung noch keine Erhebung respektive Speicherung von Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person i.S.d. § 3 Abs. 1 und 2 Datenschutzgesetz NRW darstellt. Allerdings dürfte die Anfertigung eines Live-Mitschnittes in Anbetracht der ehrenamtlichen Stellung der Ratsmitglieder und der damit häufig noch verbundenen Unerfahrenheit im Umgang mit einer breiten Öffentlichkeit in der Regel einen Eingriff in das Recht auf ungestörte Mandatsausübung darstellen. Ein solcher Eingriff ist nur zulässig, wenn alle betroffenen Ratsmitglieder diesem zustimmen oder ausnahmsweise ein Eingriff in dieses Recht nicht gegeben ist. Letzteres dürfte allerdings nur dann der Fall sein, wenn die zu erwartende Störung der Mandatsausübung gering wäre, z.B. bei kurzen Videoaufnahmen zu Beginn einer Sitzung.


Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Übertragung von Ratssitzungen im Internet grundsätzlich möglich ist. Allerdings bedarf es dazu eines Ratsbeschlusses sowie der Einverständniserklärung eines jeden Ratsmitgliedes. Eine Änderung der Geschäftsordnung dahingehend, dass die Live-Übertragung grds. zugelassen ist empfiehlt sich, um nicht zu Beginn jeder Ratssitzung einen entsprechenden Beschluss fassen zu müssen. Die Möglichkeit, der Aufzeichnung bzw. Übertragung in jeder Sitzung, auch zu einzelnen Tagesordnungspunkten, zu widersprechen, bleibt davon unberührt.


Mit Blick auf die Teilsanierung und den Neubau des Rathauses und dem damit zusammenhängenden Umzug wurde zunächst auf eine Prüfung der technischen Voraussetzungen sowie eine Kostenermittlung weitgehend verzichtet, da die Umsetzung dieses Projektes von der Verwaltung nicht priorisiert verfolgt wird. Die Verwaltung schlägt daher vor, diese Angelegenheit bis zum Bezug des neuen Rathauses zunächst zurückzustellen und bis dahin die Möglichkeiten zu prüfen und Kosten zu ermitteln.

Beratungsweg:

Hier können Sie den Beratungsweg und die Beschlussfassungen der Vorlage verfolgen

Ausschuss für Bürgeranträge, 30.04.2013
Beschluss:
Der Ausschuss für Bürgeranträge beschließt, die Anregungen der "Piratenpartei-Deutschland Kreisverband Kleve" nicht umzusetzen.
Wortbeitrag:
Bürgermeister Brauer führt ergänzend zur Drucksache aus, dass die Verwaltung dieser Anregung offen gegenüberstehe und zunächst unabhängig von einer Prüfung der technischen Voraussetzungen sowie der Ermittlung der Kosten aufgezeigt habe, dass eine Umsetzung unter differenzierter Abwägung der Beteiligten möglich sei.

StV. Kröll teilt mit, dass die CDU-Fraktion den Beschlussvorschlag ablehnen werde, da der Aufwand und die zu erwartenden negativen Begleitumstände in keiner vertretbaren Relation zum Nutzen stehen würden. Sie beantragt, den Beschlussvorschlag wie folgt zu ändern: "Der Ausschuss für Bürgeranträge beschließt, die Anregungen der "Piratenpartei-Deutschland Kreisverband Kleve" nicht umzusetzen."
Zu den Gründen führt sie aus, dass das Landesdatenschutzgesetz keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Umsetzung der audiovisuellen Aufzeichnung und Bereitstellung von Rats- und Ausschusssitzungen enthalte. Für eine Umsetzung bedürfe es nicht nur der Zustimmung der Mitglieder der Vertretung, sondern auch der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie der anwesenden Bürgerinnen und Bürger, insbesondere bei Nutzung der Bürgerfragestunde. Hinzu kämen die Kosten, die neben dem Aufwand für die technische Ausstattung auch den für das Personal, welches die vorbereitenden Arbeiten sowie die eigentliche Aufzeichnung und Bereitstellung der Sitzungen durchführe, umfassten. Eine Umsetzung hätte mit Sicherheit auch Auswirkungen auf die Sitzungskultur. Außerdem bestünde die Gefahr des Missbrauchs des audiovisuellen Materials im Internet. In anderen Kommunen sei zudem die Erfahrung gemacht worden, dass das Interesse an einer Übertragung bzw. Bereitstellung der Sitzungen im Internet stetig abgenommen habe.

StV. Fischer äußert, dass sich auch die SPD-Fraktion gegen eine Umsetzung der Anregungen der Piratenpartei ausspreche, da ihre Fraktion mit Blick auf die derzeitigen Zuschauerzahlen bei Rats- und Ausschusssitzungen den Bedarf nicht sehe. Grundsätzlich habe jeder die Möglichkeit an Sitzungen teilzunehmen. Der Drucksache hätten sie zwar ihre Zustimmung gegeben, könnten aber auch dem Antrag der CDU-Fraktion folgen.

StV. Kersten schließt sich seinen Vorrednerinnen an. Auch die FDP-Fraktion lehne eine Umsetzung insbesondere aufgrund des möglichen Missbrauchs ab und werde dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen.

StV. Dr. Meyer-Wilmes teilt mit, dass ihre Fraktion sich gegen die audiovisuelle Aufzeichnung und Bereitstellung von Sitzungen ausspreche. Sie verweist auf ein aktuelles Verfahrensgutachten, welches das Spannungsfeld zwischen dem Informationsinteresse der Allgemeinheit und den Betroffenen klären solle. Aufgrund der Teilnahmemöglichkeit und den Niederschriften sei eine ausreichende Information über die Sitzungen vorhanden.

Ausschussvorsitzender Teigelkötter lässt über den Antrag der CDU-Fraktion abstimmen.

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