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Inhalt

- Teilhabereform - Bedeutung für die Stadt Kleve


- Vortrag von Frau Dr. Ursula Pitzner

Beratungsartöffentlich

Beratungsweg:

Hier können Sie den Beratungsweg und die Beschlussfassungen der Vorlage verfolgen

Sozialausschuss, 22.11.2016
Wortbeitrag:
Eingangs ihrer Ausführungen, welche in Grundzügen dieser Niederschrift beigefügt sind, weist Frau Dr. Pitzner darauf hin, dass mit der anstehenden Strukturreform eine Stärkung der Kommunen beabsichtigt sei. Ziel der anstehenden Reform sei letztendlich eine ‚soziale Teilhabe‘, welche ganzheitlich ohne Zuständigkeitsgrenzen eine deutliche Verbesserung des Zusammenlebens beabsichtige. Unter Berücksichtigung eines bundesweiten Anteiles an pflegebedürftigen Personen von 18 % bedeute, dass für den Bereich der Stadt Kleve ca. 9.000 Personen direkt betroffen seien.
Zum jetzigen Zeitpunkt seien die sozialen Sicherungssysteme im Bundesgebiet davon geprägt, dass oftmals nicht aufeinander abgestimmte Leistungen nebeneinander gewährt würden. Auch seien etwaige Versorgungsplanungen und Leistungskoordinationen deutlich verbesserungsfähig. Letztendlich seien die sozialen Sicherungssysteme in der Bundesrepublik von einem starren, unübersichtlichen und oftmals unzureichenden Leistungsrecht geprägt. Die Säulen des sozialen Sicherungssystems

- Pflegeversicherung (SGB XI)
- Krankenversicherung (SGB V)
- Eingliederungshilfe (SGB IX)
- sowie die Hilfe zur Pflege (SGB XII)

seien nicht miteinander verknüpft und verzahnt. Die beabsichtigte Strukturreform ziele insbesondere darauf ab, eine Sozialraumorientierung durch die Bündelung natürlicher Netzwerke bzw. sozialer Ressourcen und professioneller Netzwerke (fachliche Ressourcen) sicher zu stellen. Für ein gedeihliches Miteinander sei die Stützung und Förderung von bewährten und neuen Formen informeller, nachbarschaftlicher, quartiersbezogener und bürgerschaftlicher Unterstützung notwendig. Darüber hinaus sei die Stärkung der Selbsthilfefähigkeit, die Förderung der Lebensqualität und der Vorrang häuslicher und selbstorganisierter Versorgungsformen notwendig. Die Umsetzung der anstehenden Reformen sei auch eine kommunale Aufgabe. Den Kommunen obliege insoweit die ortsbezogene Planung, sowie die Gestaltung und Organisation der notwendigen Hilfen (Care-Management). Für eine erfolgreiche Umsetzung der beabsichtigten Reform seien kommunale Aktivitäten in den Bereichen

- kommunale Sozialdienste
- Gesundheitsamt
- Quartiermanagement
- Wohnbaugesellschaft
- Nachbarn
- Angehörige.

Der notwendige Wandel der Strukturen vollziehe sich nach ihrer Aussagen in mehreren Teilschritten.
So reformiere das Bundesteilhabegesetz das Vertragsrecht zwischen Einrichtungen und Diensten und den Kostenträgern der Eingliederungshilfe, darüber hinaus werde mit dieser gesetzlichen Bestimmung das Recht zur Teilhabe am Arbeitsleben strukturiert und erneuert.
Das Pflegestärkungsgesetz II definiere den neuen pflegebedürftigkeitsbehinderten Begriff dahingehend, dass alle Menschen mit dauerhaften (6 Monate) körperlichen, geistigen, psychischen, demenziellen oder Sinnesbeeinträchtigungen nunmehr pflegebedürftig seien.
Die kommunale Rolle bei der Versorgung pflegebedürftiger Menschen werde künftig durch das Pflegestärkungsgesetz III gestärkt. Diese gesetzliche Bestimmung führe den genannten neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff in die Hilfe zur Pflege ein.
Zur Umsetzung der kommunalen Aktivitäten seien folgende Schritte notwendig:

- Ist-Analyse
- Projektmanagement
- Kooperation und Vernetzung
- Partizipation
- Nachhaltigkeit und Finanzierung.

Stadtverordneter Hütz äußert seine Besorgnis, dass sich der Staat aus seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge verabschiede und insoweit ehrenamtlichen Bemühungen die Verantwortung übertrage.

Hierauf eingehend stellt Frau Dr. Pitzner fest, dass sie diese Ansicht durchaus teile.

Auch der Erste Beigeordnete Herr Haas teilt die Auffassung des Stadtverordneten Hütz. Er weist beispielhaft auf eine etwaige Änderung des Gesetzes über die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen (UVG) hin. Durch eine Ausweitung des Anspruchszeitraumes auf bis zum 18. Lebensjahr ergebe sich für den Bereich der Stadt Kleve ein um 300.000 € höherer Aufwand. Die im Rahmen des Umsatzsteuerrechts vorgenommene Entlastung der Kommunen wäre hierdurch durch den Gesetzgeber wieder aufgebraucht. Die Aktivitäten des Bundes seien keinesfalls von Praxisnähe gekennzeichnet.

Den Ausführungen des Ersten Beigeordneten beipflichtend hält auch Frau Dr. Pitzner die Schaffung intelligenter Lösungen für notwendig. Sie weist daraufhin, dass die Gesellschaft oftmals davon geprägt sei, dass Bürger ‚nebeneinander‘ leben und kein Zusammenhalt herrsche. Ihrer Ansicht nach sei die Stärkung sozialer Dienste notwendig. Die entsprechenden Projektmittel stünden zur Verfügung – jedoch seien bislang keine Anträge aus Kleve gestellt. Sie sei der Ansicht, dass durch die Schaffung von Beziehungen zwischen den Bürgern auch das verfügbare Kapital erhöht werde.

Stadtverordnete Merges stellt die Frage, wo ein erster Ansatz für die Sensibilisierung der Bürger zu finden sei.

Hierauf eingehend weist Frau Dr. Pitzner darauf hin, dass insgesamt das ehrenamtliche Engagement besser honoriert werden müsse.

Stadtverordnete Gerritzen stellt fest, dass immer weniger Bürger bereit seien eine ehrenamtliche Tätigkeit wahrzunehmen. Sie halte insoweit die Schaffung geeigneter Netzwerke für unabdingbar.

Hierauf eingehend stellt Frau Dr. Pitzner fest, dass sich hinsichtlich der Pflege von Angehörigen zum einen das Ehrenamt anbiete. Andererseits sei ihrer Meinung nach jedoch auch eine Qualifizierung und Schulung von etwaigem Pflegepersonal durch das Jobcenter möglich. Entsprechende Kosten seien aus der Pflegeversicherung zu leisten. Unabdingbar sei jedoch eine klare und saubere Trennung der Zuständigkeiten.
Ein Problem stelle ihrer Meinung nach die Versorgung in ländlichen Bereichen dar.

Zum Schluss ihrer Ausführungen weist Frau Dr. Pitzner darauf hin, dass sie es als zwingend notwendig ansehe, bei allen Aktivitäten der Kommune stets die Bürger in angemessenem Umfang zu beteiligen. Darüber hinaus seien Aktivitäten auch mit der ortsansässigen Wirtschaft abzustimmen. Außerdem gelte es, die finanziellen Mittel aus Drittmittelfördertöpfen zu akquirieren.

Eingehend auf die Ausführungen von Frau Dr. Pitzner weist Stadtverordneter Hütz auf entsprechende Aktivitäten in Essen-Katernberg hin.

Ausschussvorsitzende Siebert stellt in diesen Zusammenhang fest, dass sie auch diese Aktivitäten als Grundlage für weitere Beratungen in Arbeitsgruppen ansehe.
Zum Abschluss dieses Tagesordnungspunktes dankt sie Frau Dr. Pitzner für ihre informativen Ausführungen.

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