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509/X. - Gesetzliche Neuregelung der Umsatzbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 2 b Umsatzsteuergesetz); Abgabe einer Optionserklärung

Vorlagennummer509/X.
Beratungsartöffentlich
Drucksache und Anlagen:
Beschlussvorschlag:


Der Rat der Stadt Kleve und der Verwaltungsrat der USK beauftragen den Vorstand der USK bis spätestens zum 31.12.2016 beim zuständigen Finanzamt eine Optionserklärung abzugeben, wonach die USK bis zum 31.12.2020 weiterhin nach alter Rechtslage (§ 2 Abs. 3 UStG) besteuert werden soll.

Sachverhalt:


Im Herbst 2015 wurde aufgrund europarechtlicher Vorgaben im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2015 eine grundregelnde Neuregelung durch die Einführung des § 2 b Umsatzsteuergesetz (UStG) gesetzlich verankert. Die Änderungen sind am 01.01.2016 in Kraft getreten. Es gilt aber eine Übergangsregelung, nach der die Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung weiterhin möglich ist. Im Kalenderjahr 2016 gelten daher die bisher bestehenden Regelungen weiter. Demnach ist die Neuregelung des § 2b UStG frühestens ab dem 01.01.2017 anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausübt. Bislang stellte die Spezialvorschrift des § 2 Abs. 3 UStG bei der umsatzsteuerlichen Behandlung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) auf die Existenz eines sogenannten Betriebs gewerblicher Art (BgA) gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V. mit § 4 KStG ab. Künftig wird jedoch die Unternehmereigenschaft einer jPöR nach dem Wortlaut des UStG nicht mehr vom Vorhandensein eines BgA abhängig sein. In diesem Kontext ist erläuternd darauf hinzuweisen, dass es sich bei der USK um eine jPdöR handelt und diese Begrifflichkeit hier stellvertretend für die USK verwendet wird.
Der neue § 2b UStG stellt sich auszugsweise wie folgt dar:

§ 2b UStG

(1) Vorbehaltlich des Absatzes 4 gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer im Sinne des § 2, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Satz 1 gilt nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
(2) Größere Wettbewerbsverzerrungen liegen insbesondere nicht vor, wenn
1. der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz voraussichtlich 17.500 Euro jeweils nicht übersteigen wird oder
2. vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistungen ohne Recht auf Verzicht (§ 9) einer Steuerbefreiung unterliegen.
(3) Sofern eine Leistung an eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts ausgeführt wird, liegen größere Wettbewerbsverzerrungen insbesondere nicht vor, wenn
1. die Leistungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden dürfen oder
2. die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen bestimmt wird. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn
a) die Leistungen auf langfristigen öffentlich rechtlichen Vereinbarungen beruhen,
b) die Leistungen dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe dienen,
c) die Leistungen ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht werden und
d) der Leistende gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts erbringt.

Verkürzt ausgedrückt bedeutet dies, dass jPdöR nur dann nichtunternehmerisch tätig werden, wenn sie in Ausübung öffentlicher Gewalt (hoheitlich) handeln und eine Behandlung als Nichtunternehmer nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Wann eine größere Wettbewerbsverzerrung anzunehmen ist, ergibt sich aus den Absätzen 2 und 3 des § 2b UStG. Unabhängig von einer möglichen Wettbewerbsverzerrung führen Tätigkeiten auf privatrechtlicher Grundlage nach der Neuregelung unter den Voraussetzungen des § 2 Absatz 1 UStG stets zur Unternehmereigenschaft der jPdöR.
In Bezug auf die gesetzlichen Neuregelungen bestehen zur Zeit noch zahlreiche Verständnisfragen; die Finanzverwaltung hat jedoch angekündigt, im Laufe des Jahres 2016 ein klarstellendes Einführungsschreiben zum § 2b UStG zu veröffentlichen. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass die zuständigen Finanzämter zu inhaltlichen Fragestellungen des § 2b UStG nur eingeschränkt Auskunft geben können. Von erheblicher Bedeutung sind hier insbesondere die Leistungsbeziehungen zwischen der USK und der Stadt Kleve. Diese sind im Einzelnen auf eine zukünftige umsatzsteuerrechtliche Relevanz hin zu überprüfen. Bei den hoheitlichen Bereichen der USK in Form der Straßenreinigung, der Abwasserbeseitigung und der Abfallbeseitigung ist nach wie vor grundsätzlich eine Unternehmereigenschaft und damit auch eine Umsatzsteuerpflicht auszuschließen.
Aufgrund dieser komplexen Problematik hat der Gesetzgeber in § 27 Abs. 22 UStG eine langfristige Übergangsregelung in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen, wodurch ein geordneter Wechsel in das neue Besteuerungssystem ermöglicht werden soll. Danach können jPdöR eine Optionserklärung bei dem für sie zuständigen Finanzamt abgeben und damit längstens bis zum 31.12.2020 weiterhin nach alter Rechtslage (§ 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung) besteuert werden. Diese Optionserklärung muss spätestens bis zum 31.12.2016 beim zuständigen Finanzamt eingehen.
Die Optionserklärung ist durch die juristische Person des öffentlichen Rechts für sämtliche von ihr ausgeübte Tätigkeiten einheitlich abzugeben. Eine Beschränkung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen ist nicht zulässig. Die Abgabe einer Optionserklärung durch eine einzelne Organisationseinheit oder Einrichtung der juristischen Person des öffentlichen Rechts (z. B. Behörde, Dienststelle, Betrieb gewerblicher Art oder land- und forstwirtschaftlicher Betrieb) nur für ihren Bereich ist nicht zulässig.
Hierbei ist zu beachten, dass auch laufende bzw. unmittelbar anstehende Projekte Auswirkungen auf die Optionsentscheidung haben können, etwa in Bezug auf die erstmalige Einbeziehung umsatzsteuerlicher Fragestellungen in die bisherigen Betrachtungen (z. B. durch Aufnahme von Steuerklauseln in das Vertragswerk oder in Gestalt der Wiederaufnahme von Verhandlungen mit dem Vertragspartner).
Sollte sich nach Abgabe der Optionserklärung herausstellen, dass die Neuregelung (§ 2b UStG) der Besteuerung für die USK günstiger ist, ist ein Widerruf der Optionserklärung grundsätzlich auch rückwirkend möglich. Daher ist die Abgabe eine Optionserklärung für die USK zu empfehlen, da noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die gesetzliche Neuregelung finanziell günstiger ist als die bisherige Rechtslage.
Unabhängig von der Entscheidung, inwieweit von der Optionserklärung Gebrauch gemacht wird, wurden bereits erste Schritte innerhalb der angelaufenen Umstellungsphase eingeleitet. So erfolgte bereits am 13.06.2016 eine gemeinsame Auftaktveranstaltung der USK und der Stadt Kleve. Begleitet und durchgeführt wurde diese Veranstaltung durch eine versierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Im Rahmen dieser Veranstaltung erfolgte eine erste Analyse der umsatzsteuerrechtlichen Rahmenbedingungen. Des Weiteren wurde sich dahingehend auf die Bildung einer gemeinsamen Projektgruppe verständigt, mit dem Ziel, einer effektiven und ökonomischen Umstellung des bisherigen Besteuerungssystems. Zur Verdeutlichung der Komplexität dieser Umstellung werden nachfolgend in verkürzter Form beispielhaft die einzelnen Phasen dieser Umstellung dargestellt:
1. Analysephase
1.1. Erhebung und Bewertung aller Vertragsverhältnisse
1.2. Überprüfung und Bewertung aller Einzahlungen und Erträge
1.3. Überprüfung und Zuordnung der anstehenden Investitionen zu künftig umsatzsteuerrechtlich relevanten Bereichen
2. Organisatorische Umstellungsphase
2.1. Zentrale Steuerstelle
2.2. Vertragsmanagement
2.3. Finanzmanagement
2.4. Schulung / Sensibilisierung der Mitarbeiter
2.5. Anpassungsbedarf IT
3. Gestaltungsphase
3.1. Vermeidung Unternehmereigenschaft
3.2. Vermeidung Leistungsaustausch
3.3. Anpassung Verträge
Grundsätzlich dürfte in Angelegenheiten der USK zunächst der Verwaltungsrat das zuständige Gremium zur Entscheidung sein. Dennoch ist gemäß § 8 der Satzung der Stadt Kleve über die Anstalt des öffentlichen Rechts „USK - Umweltbetriebe der Stadt Kleve“ vom 17.12.2008 bei Entscheidungen der Organe der Anstalt von grundsätzlicher Bedeutung die Zustimmung des Rates der Stadt erforderlich. Im vorliegenden Falle dürfte es sich schon allein aufgrund der umsatzsteuerrechtlichen Bedeutung als auch wegen der Ausstrahlung auf die Stadt Kleve um eine solche Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung handeln. Insoweit sind Entscheidungen sowohl im Verwaltungsrat der USK als auch im Rat der Stadt Kleve notwendig.

Beratungsweg:

Hier können Sie den Beratungsweg und die Beschlussfassungen der Vorlage verfolgen

Verwaltungsrat der Umweltbetriebe, 08.11.2016
Beschluss:
Der Verwaltungsrat der Umweltbetriebe der Stadt Kleve AöR beauftrag den Vorstand der USK einstimmig, bis spätestens zum 31.12.2016 beim zuständigen Finanzamt eine Optionserklärung abzugeben, wonach die USK bis zum 31.12.2020 weiterhin nach alter Rechtslage (§ 2 Abs. 3 UStG) besteuert werden sollen.
Wortbeitrag:
Leitender Verwaltungsdirektor Janssen erläutert die Drucksache. Er macht deutlich, dass die Abgabe einer Optionserklärung alternativlos sei.

Verwaltungsratsvorsitzender Haas bestätigt dies.
Liegenschafts- und Steuerausschuss, 23.11.2016
Wortbeitrag:
Der Liegenschafts- und Steuerausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Kleve einstimmig, dem Beschlussvorschlag der Drucksache zu folgen.
Haupt- und Finanzausschuss, 14.12.2016
Wortbeitrag:
Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Kleve einstimmig, dem Beschlussvorschlag der Drucksache zu folgen.
Rat, 21.12.2016
Beschluss:
Nach Beschluss des Verwaltungsrates der Umweltbetriebe der Stadt Kleve -AöR- am 08.11.2016 beauftragt der Rat der Stadt Kleve den Vorstand der USK einstimmig, bis spätestens zum 31.12.2016 beim zuständigen Finanzamt eine Optionserklärung abzugeben, wonach die USK bis zum 31.12.2020 weiterhin nach alter Rechtslage (§ 2 Abs. 3 UStG) besteuert werden sollen.

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